Theologie am Morgen: Bibeltreue Übersetzungen

delete12066188
delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

Frage: "Wenn Jesus und die Apostel, die ersten Christen und die Juden des 1 Jahrhunderts im praktischen Alltag die Septuaginta als heilige Schrift und Grundlage ihres Glaubens und der Lehre hatten und aus ihr zitierten unsere Bibelübersetzungen aber sämtlich auf dem Masoretentext beruhen sind wir dann eigentlich noch bibeltreu und was ist dann Gottes Wort, wenn das AT Zitat der Apostel aus der Septuaginta stammt die aber dem Masoretentext widerspricht?" 

Comments

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Man könnte auch sagen: die Septuaginta war keine "bibeltreue" Übersetzung (sondern eine recht freie Übersetzung) - und als solche wurde sie zur Grundlage der Verkündigung der Apostel und der frühen Kirche.

    Und um es noch ein bisschen komplizierter zu machen: man kann auch fragen: welche Version der Septuaginta denn (da gibt es auch recht verschiedene, die durch diverse christliche und jüdische Bearbeitungen durchgegangen sind).

    Um es noch einmal anders zu sagen: die Frage ist, was der Ausdruck "bibeltreu" eigentlich bedeuten soll - auf welche Textgrundlage bezieht er sich denn?

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Ich denk da schon ne Weile drüber nach und kam gestern dazu als ich mir die Frage stellte welche Bibelübersetzung ist Gottes Wort oder bibeltreu im Gegensatz zu bibelkritisch. Davon mal abgesehen, das es in bestimmten Kreisen scheinbar gleichbedeutend mit der Verlierbarkeit des Heils und ewiger Verdammniss ist bestimmte Übersetzungen nur anzuschauen habe ich den Eindruck das die Frage eigentlich um ein Dogma geht das da besagt:" Die Übersetzung der Reformatoren die auf den TR und den Masoretentext gründen sind, natürlich mit der Elberfelder 1905 und der AV die allein seligmachenenden Bibelübersetzungen und alles andere ist Teufelszeug.

    Und dann stell ich fest, das die Grundlage von Jesus und den Aposteln ganz offensichtlich die griechische Übersetzung des hebräischen Textes ist, das der TR nicht nur einer sondern mehrere sind und sich mit dem Mehrheitstext widersprechen...die wirkliche Frage wird aber nie berührt. Was nutzt mir ein Masoretentext als inspiriertes Wort Gottes auszugeben, wenn der Sohn Gottes und die Apostel offensichtlich einen anderen Text bevorzugen?

  • ilian
    ilian Member Posts: 3,011 ✭✭✭

    @Sashe, da hast du ein großes Thema am Morgen gewählt...

    Die Frage ist auch, in wieweit die Pseudepigraphen oder die deuterokanonischen Schriften (Apokryphen) und Zusätze als Teil der LXX, wie z.B. Susanna-Erzählung, als ein griechischer Zusatz des Danielbuchs der Bezeichnung "bibeltreu" entsprechen?

    EDIT:

    Hat Jesus nicht auch von der hebräischen Bibel (z.B. Jesaja-Rolle) vorgelesen?

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    stimmt, zumindest nehm  ich mal an, dass es die hebräische Rolle war und nicht die Septuaginta was im griechisch geprägten Galiläa eine Möglichkeit wäre, oder?

    Die Kirchenväter haben aus den Apokryphen zitiert und Judas und Petrus auch, wenn ich nicht irre

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Im Synagogen-Gottesdienst ist immer die hebräische Bibel verwendet worden - also wird auch Jesus aus der hebräischen Bibel vorgelesen haben. Abgesehen davon war der genaue Wortlaut zur Zeit Jesu wohl noch gar nicht festgelegt. Es existierten wohl ähnliche (aber nicht wortgleiche) Fassungen parallel zueinanander - die Frage nach dem authentischen Text hat sich damals nicht so gestellt.

    Zum Beispiel zitiert Jesus einmal einen Text, der sich in der hebräischen Bibel, wie sie uns heute vorliegt, gar nicht findet: Im Gebot der Feindesliebe wird Jesus mit den Worten zitiert: ... es ist euch gesagt worden ... und deine Feinde sollst du hassen ...

    Das kommt im später kanonisierten hebräischen Text der Bibel nicht vor - wohl aber in Qumrantexten.

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Um keine falschen Behauptungen aufzustellen, ist eine Verbesserung meiner Aussagen nötig: 

    in Gebieten des Diaspora-Judentums war die Septuaginta sehr verbreitet und kam dort wohl auch im Synagogengottesdienst zum Einsatz.

    Jesus ist dort aber nicht hingekommen, sondern erst die Apostel.

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    irgend sowas hatte ich auch in Erinnerung...nur Galiläa zählt da wohl nicht zu auch wenn einige Judäa das wohl meinten "was kann aus Galiläa schon Gutes kommen"[;)]

  • Ben Misja (Logos)
    Ben Misja (Logos) Member, Community Manager, Logos Employee Posts: 2,193

    Im Synagogen-Gottesdienst ist immer die hebräische Bibel verwendet worden - also wird auch Jesus aus der hebräischen Bibel vorgelesen haben. Abgesehen davon war der genaue Wortlaut zur Zeit Jesu wohl noch gar nicht festgelegt. Es existierten wohl ähnliche (aber nicht wortgleiche) Fassungen parallel zueinanander - die Frage nach dem authentischen Text hat sich damals nicht so gestellt.

    Zum Beispiel zitiert Jesus einmal einen Text, der sich in der hebräischen Bibel, wie sie uns heute vorliegt, gar nicht findet: Im Gebot der Feindesliebe wird Jesus mit den Worten zitiert: ... es ist euch gesagt worden ... und deine Feinde sollst du hassen ...

    Das kommt im später kanonisierten hebräischen Text der Bibel nicht vor - wohl aber in Qumrantexten.

    Dieses Jesuswort kann man aber leicht auch als Pharisäerzitat verstehen. Es wird auch da schon einen relativ festen Überlieferungsstrom gegeben haben. Der masoretische Text ist nach dem Fall Jerusalems ja nicht aus dem Nichts gekommen. Und die Idee einer Übersetzung der hebräischen Schriften (wenn auch wohl aus etwas unterschiedlichen Vorlagen) wäre ohne eine einigermaßen fixierte Textgrundlage wohl kaum aufgekommen. 

    Aber das Septuaginta-Problem ist tatsächlich ein spannendes. Ich finde wie Sascha, dass man daraus durchaus Konsequenzen für die Hermeneutik ziehen kann. Ich habe schon länger meinen Frieden damit gemacht, dass für die ntl. Autoren offensichtlich auch der Septuaginta-Text als inspiriert galt... 

    Senior Manager, New Languages

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Noch eine Ergänzung:

    Wenn Jesus in Mt 5,18 sagt: nicht ein Jota des Gesetzes wird vergehen ... dann bezieht er sich damit wohl auf den hebräischen Text (ist ja ein Buchstabe des hebräischen Alphabets, nicht des griechischen).

    Aber ich glaub auch, dass die Apostel keinen großen Unterschied zwischen hebräischem und griechischem Text gemacht haben - was insofern interessant ist, als sich die beiden Versionen doch einigermaßen unterscheiden.

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Hier ein schönes Beispiel während die "Textgenaue" Elberfelder 1905 den im Grundtext stehenden Namen überträgt, übersetzt die katholische auf der Vulgata basierende van Eß textgenau...

  • Daniel J. Naumann
    Daniel J. Naumann Member Posts: 53 ✭✭

    Der masoretische Text ist nach dem Fall Jerusalems ja nicht aus dem Nichts gekommen.

    Wenn ich die Anmerkungen der Masoreten zum masoretischen Text lese, spüre ich, wie sehr auch sie nach dem "besten" Manuskript gesucht haben. Und oft können sie sich nicht entscheiden, bringen eine Version im Text und die zweite in der Anmerkung. Und wenn ich dann in die Septuaginta und in die Qumran-Texte schaue, finde ich drei weitere Versionen. Ich meine, wir sind oft überhaupt nicht in der Lage, das "richtige" Manuskript auszuwählen. Die Gesamtschau dieser Quellen ist auch dank Logos für uns heutzutage viel einfacher als noch vor 50 Jahren und sollte einen Eindruck vom Sinn des jeweiligen Textes vermitteln. Aber es muss im "Ernstfall" auch erlaubt sein, eine Frage an die Ursprünglichkeit einer Textversion aufgrund fehlender Informationen aus der Entstehungszeit unbeantwortet zu lassen. Und ist eine Bibelübersetzung, die solche "Problemfälle" heutzutage ohne Anmerkung übergeht, nicht problematisch, da sie dem Leser, der keinen Zugriff auf die Quellen hat, nur einen Teil der Überlieferung vermittelt?

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Ich finde das sogar extrem wichtig, denn was nützt mir die Auslegung eines Textes der vielleicht gar nicht geschrieben wurde und ich baue meinen Glauben (oder schlimmer den meiner Gemeinde) auf eine Textausage auf die es niemals gegeben hat. Deshalb kommt die Arbeit am äußeren Text vor der Exegese...der Vergleich von Bibelübersetzungen ist dazu dringend notwendig, denn wie man sieht auch die "wörtliche" Übersetzung einer Elberfelder 1905 gibt nicht unbedingt wieder was im Grundtext steht und hier reden wir nichtmal von Varianten.

  • Jan Krohn
    Jan Krohn Member Posts: 3,879 ✭✭✭

    Ob Jesus und die Apostel im Alltag wirklich die Septuaginta benutzt haben, oder ob in den Evangelien einfach nur Septuaginta-Zitate eingesetzt wurden, ist noch die Frage.

    Als Hieronymus die Vulgata ins Lateinische übersetzte, hat er sich gegen die anderen Kirchenväter seiner Generation durchgesetzt, die alle die Septuaginta als Textgrundlage bevorzugt hätten. Allerdings war für Hieronymus die Zuverlässigkeit wichtiger als die Beliebtheit der Textgrundlage.

    Man mag meinen, dass damit die Frage geklärt ist, welcher Text näher am inspirierten Original ist. Allerdings ist der Masoretentext nicht der selbe hebräische Text des 4. Jh. womit fraglich ist, ob die Aussage von Hieronymus sich einfach so auf die Situation übertragen lässt.

    Mein persönliches Fazit: Der Masoretentext ist bei Weitem nicht optimal, und in vielen Fällen sicherlich der Septuaginta unterlegen. Allerdings sind mir keine Passagen bekannt, die dermaßen abweichen, dass man z.B. eine widersprüchliche Lehre daraus ableiten könnte.

    Kürzlich hatte ich den Gedanken (inspiriert von einer Predigt), dass die ältesten Bücher des AT (z.B. Mose, Hiob) evtl. gar nicht in Hebräisch verfasst wurden, weil es zu der Zeit die Sprache noch gar nicht gab. Dann wäre selbst der hebräische Text nicht der Urtext, sondern nur eine Übersetzung.

  • Thomas Pape
    Thomas Pape Member Posts: 312 ✭✭

    Jan Krohn said:

    Kürzlich hatte ich den Gedanken (inspiriert von einer Predigt), dass die ältesten Bücher des AT (z.B. Mose, Hiob) evtl. gar nicht in Hebräisch verfasst wurden, weil es zu der Zeit die Sprache noch gar nicht gab. Dann wäre selbst der hebräische Text nicht der Urtext, sondern nur eine Übersetzung.

    da würden dir aber viele messianische Juden widersprechen. Die meisten werden die Meinung vertreten, dass die hebräische Sprache schon seit Adam gesprochen wurde. Siehe dazu Ariel’s Bible "The Book of Genesis"

  • Jan Krohn
    Jan Krohn Member Posts: 3,879 ✭✭✭

    da würden dir aber viele messianische Juden widersprechen. Die meisten werden die Meinung vertreten, dass die hebräische Sprache schon seit Adam gesprochen wurde. Siehe dazu Ariel’s Bible "The Book of Genesis"

    Eìne gewagte Behauptung, die wohl weder biblisch noch archäologisch belegt werden kann. [:)]

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Ich glaube das behaupten nicht mal richtige Juden

  • Thomas Pape
    Thomas Pape Member Posts: 312 ✭✭

    Zitat aus dem Kommentar zu 1.Mose 11:

     All this shows that man was created with the ability to speak. He had a spoken language, and that spoken language was Hebrew. This is obvious for at least two reasons. The first reason is that all the names in the Hebrew Bible before the Tower of Babel only have meanings in Hebrew. Although there were no Jews around until chapter 12, all names, such as Adam, Eve, Noah, Lamech, Methuselah, etc., are Hebrew names and have meanings only in Hebrew. Non-Hebrew names first appear after the Tower of Babel, such as those in Genesis 14 (the account of the battle of four kings against the five kings). 

    pages=84


    Verse 1 begins by describing what the original state was: the whole earth was of two things. First, there was one language. The Hebrew word literally reads “of one lip.” As already noted, that language was Hebrew, since all names are Hebrew names prior to this chapter and all the word plays only make sense in Hebrew. Second, the whole earth was of one speech. The Hebrew term means “words”; all people had one vocabulary.
    Genesis 11:2 describes the settlement in the land of Shinar: And it came to pass, meaning in the course of time: as they journeyed east, meaning east of Ararat: they found a plain in the land of Shinar. The word plain means it was good land for cultivation, and Shinar means Babylonia. This is where life originated, and now the survivors of the Flood and their families came back to

    Fruchtenbaum_2008, pages=221–222

    aber das war ja nicht das ursprüngliche Thema - ich halte mich dann wieder raus [:)]

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    [Y] danke für den Hintergrund von Fruchtenbaum ist also möglich

    von der Archäologie und der Forschung antiker Schriften her könnte man aber auch einwenden das Mose als Hebräer ja offensichtlich hebräisch sprach und die alten Namen ins hebräisch übersetzt haben könnte. Um die Argumentation be- oder widerlegen zu können müsste man also Quellen haben die vor den hebräischen Text gehen.

     

  • ilian
    ilian Member Posts: 3,011 ✭✭✭

    Jan Krohn said:

    Kürzlich hatte ich den Gedanken (inspiriert von einer Predigt), dass die ältesten Bücher des AT (z.B. Mose, Hiob) evtl. gar nicht in Hebräisch verfasst wurden, weil es zu der Zeit die Sprache noch gar nicht gab. Dann wäre selbst der hebräische Text nicht der Urtext, sondern nur eine Übersetzung.

    Meinst du Althebräisch? Welche Belege hätte man dann dafür? Oder wie begründet man diese Behauptung? Kann man das überhaupt defintiv begründen, wenn wir von einer mündlich geprägten Kultur ausgehen würden?

    Natürlich ist es bekannt, dass die ältesten gefundenen althebräichen Schriftzeugnisse ins 10. Jahrhundert v.Chr. datiert werden, aber bedeutet das, dass es keine älteren gibt?

    Heißt das auch, dass Mose und das Volk Israel eine andere Sprache gesprochen haben? Welche wäre diese Sprache dann?

    Und auf welcher Sprache hat Gott die 10 Gebote aufgeschrieben (wenn nicht auf Hebräisch)?

    Das sind nur einige Fragen, die mir dazu einfallen...

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Bei Hiob und den ersten 12  Kapiteln könnte man vermuten das sie in anderer Sprache geschrieben wurden wobei der Unterschied jetzt nicht soo groß sein würde

    Hier mal die allwissende Wikipedia ;-)

    Die phönizische Schrift ist eine linksläufige Konsonantenschrift aus 22 Zeichen, deren Reihenfolge das Abdschad übernommen hat und die vom 11. bis 5. Jahrhundert v. Chr. im Libanon, in Palästina und in Syrien verwendet wurde. Mit ihr wurden nicht nur die phönizische Sprache, sondern lange auch die aramäische, hebräische und andere semitische Sprachen geschrieben. Die althebräische Schrift ist eine Variante der phönizischen Schrift.

  • Jan Krohn
    Jan Krohn Member Posts: 3,879 ✭✭✭

    Fruchtenbaum_2008, pages=221–222

    Das ist eine Auslegung, aber weder eine direkte oder indirekte Aussage des biblischen Textes.

    ilian said:

    Meinst du Althebräisch? Welche Belege hätte man dann dafür? Oder wie begründet man diese Behauptung? Kann man das überhaupt defintiv begründen, wenn wir von einer mündlich geprägten Kultur ausgehen würden?

    Eventuell hast Du das Wort eventuell uebersehen...

    Jedenfalls kann man das an Hand der verschiedenen passend datierten Funde der semitischen Schriftzeugnisse auswerten. Ich habe mir fast schon gedacht, dass das schon mal wer gemacht hat, und Google liefert auch gleich ein schoenes Resultat:

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2839953/

    ilian said:

    Natürlich ist es bekannt, dass die ältesten gefundenen althebräichen Schriftzeugnisse ins 10. Jahrhundert v.Chr. datiert werden, aber bedeutet das, dass es keine älteren gibt?

    Natuerlich kann es auch aeltere Schriftzeugnisse geben, die noch irgendwann gefunden werden, oder die vielleicht leider schon vom Zahn der Zeit zerstoert worden sind.

    Allerdings ist das Argument "es koennte noch etwas geben" relativ nichtssagend.

    ilian said:

    Heißt das auch, dass Mose und das Volk Israel eine andere Sprache gesprochen haben? Welche wäre diese Sprache dann?

    Und auf welcher Sprache hat Gott die 10 Gebote aufgeschrieben (wenn nicht auf Hebräisch)?

    Ich bin kein Experte, aber wuerde auf einen semitischen Dialekt spekulieren.

    Wenn man annimmt, dass Abraham (so wie in seinem Geburtsland Chaldaea zu seiner Zeit ueblich), Akkadisch gesprochen hat (belegt durch Funde wie den Codex Hammurabi), koennte die Sprache der Israeliten zur Zeit Mose vielleicht irgendwo zwischen Akkadisch und Althebraeisch gelegen haben.

    Dass sich die Sprache von Abraham bis Mose in 500 Jahren von Akkadisch zu Althebraeisch entwickelt hat, und dann bis zum Abschluss des AT Kanon keine weitere groessere Entwicklung mehr kam, ist natuerlich auch eine Moeglichkeit, aber doch sehr unwahrscheinlich (erst recht ohne passende archaeologische Belege).

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    wenn das althebräisch eine (10 Jhd) eine Variante des Phönizischen (11 Jhd) ist bleibt nicht mehr wirklich viel Zeit für ältere Funde ;-)

  • Daniel J. Naumann
    Daniel J. Naumann Member Posts: 53 ✭✭

    Wir dürfen hier nicht Sprache und Schrift verwechseln ... Mit dem Uralphabet, welches die Phönizier verbreitet haben, welches aber schon hunderte Jahre vorher im Sinai vorliegt, kann man praktisch (und tut es bis heute in seinen gar nicht so dramatischen Weiterentwicklungen, auch mit diesen Zeilen) jede Sprache schreiben. Das sagt aber nichts über die Verbreitung der Sprachen aus, vor allem nicht über die vor der Verbreitung der Alphabetschrift. Die gängigste Hypothese zu Hebräisch ist doch, dass es sich um einen kanaanäischen Dialekt handelt, den einwandernde Semiten aus dem Zweistromland bzw. aus der Gegend um Haran (Abraham und Co.), oder eben später auch aus Ägypten, zu sprechen begannen, als sie sich dort niederließen. Die Briefe aus dem keilschriftlichen Palastarchiv in Mari (die fehlen bei Logos :-(( ) erzählen viel über die Situation um Haran zu Beginn des zweiten Jahrtausends vor Christi. Und die Leute dort heißen Jakob-El und Ismael, ein Stamm z.B. Ben-Jamin. Das belegt doch, dass diese Namen in dieser Zeit und in dieser Gegend üblich waren und die räumliche und zeitliche Verortung der Genesis zwar weiterhin nicht beweisbar, aber absolut plausibel ist.

  • Christof Kälin
    Christof Kälin Member Posts: 98 ✭✭

    @rolandhofbauer „Das kommt im später kanonisierten hebräischen Text der Bibel nicht vor - wohl aber in Qumrantexten.“

    Das wundert auch nicht, der Herr hat an der Stelle ja nicht gesagt „es steht geschrieben“, sondern eben nur „es ist euch gesagt worden“ resp.  „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen Nächsten lieben und deinen Feind hassen.“ (Mt 5,43 nach SCH2000). Also auch hier kein Widerspruch.

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Ich kann mich erinnern gehört zu haben (der ultimative Wahrheitssatz ;-) )das es in dem Qumrantext nicht um den Bibeltext selbst sondern um eine Diskussion über diesen Text geht...aber ich bring mal die Ausgangsfrage zurück.

    Auf welcher Textgrundlage basiert die Aussage die Bibel ist Gottes Wort, wenn Jesus/Apostel einen anderen Text gebraucht als die deutschen Übersetzungen inklusive die, die von sich behaupten dem Urtext am genausten=bibeltreu widerzugeben?

  • Christof Kälin
    Christof Kälin Member Posts: 98 ✭✭

    Hier ein schönes Beispiel während die "Textgenaue" Elberfelder 1905 den im Grundtext stehenden Namen überträgt, übersetzt die katholische auf der Vulgata basierende van Eß textgenau...

    Das finde ich faszinierend. Auch die  (5.Mo 5,37) ist manchmal recht „frei“ in der Wortwahl: „Empfangt Vollmacht und Kraft“ anstatt „Seid stark und mutig“, was schon ein ziemlicher Unterschied ist. Dort ist der Fall aber klar, denn die EÜ scheint die einzige mit dieser kreativen Variante zu sein.

    Bei Deinem Beispiel wiederum wäre ich sehr neugierig auf Erklärungsnotizen der Übersetzer, was der Beweggrund war, Joschua oder Joses zu übersetzen.

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Ich muss zugeben, dass ich dem Konzept "bibeltreue" Übersetzung sehr skeptisch gegenüber stehe. Nicht, weil ich dem biblischen Wort nicht treu sein möchte - ganz im Gegenteil. Ja könnte es nicht sogar so sein, dass ein Stück Textkritik (als Suche nach dem authentischen Text) hilft, der Bibel treu zu sein?

    Die Probleme, die ich sehe, sind folgende:

    1) Wir können nicht wissen, was wirklich die ursprüngliche Textgrundlage ist - da gibt es wirklich sehr, sehr viele Varianten und es scheint mir keineswegs klar zu sein, was ursprünglich ist.

    2) Angenommen, man hätte eine verlässliche Textgrundlage - so bleibt immer noch fraglich, was die einzelnen Wörter damals bedeutet haben, als sie geschrieben wurden. Sprache ändert sich einfach. Ein einfaches Beispiel: Im Ave Maria (das bei uns Katholiken recht verbreitet ist) hat man vor 100 Jahren gebetet "gebenedeit unter den Weibern". Das Wort Weiber war damals etwas ganz Normales, unauffälliges. Wenn man es heute verwendet, ist es etwas Abfälliges.

    Bedeutungen von Wörtern verschieben sich also im Lauf der Zeit. Deswegen kann es m.E. keine "bibeltreue" Übersetzung geben. Nicht das Wort Gottes ändert sich, aber unsere Sprache. Das war auch schon in den antiken Sprachen so. Das klassische Griechisch z.B. unterscheidet sich in den Wort-Nuancen durchaus vom hellenistischen Griechisch der Koine, in dem die biblischen Schriften verfasst sind.

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Deswegen rede ich lieber von Textstudium als von Textkritik. Und es ist wichtig sich damit zu beschäftigen was da wirklich steht und was es bedeutet. Im obigen Beispiel ist der Beweggrund wohl klar...man wollte wohl verhindern, das es eine Verwechslung mit Jesus gibt. Die Kirchenväter nutzten aber genau diese Tatsache um zu zeigen, dass der Name Jesus schon im Alten Testament offenbart wurde.

  • Roland Hofbauer
    Roland Hofbauer Member Posts: 327 ✭✭

    Das Wort "Kritik" wird von "bibeltreuen" Leuten oft missverstanden. Es geht nicht darum, die Bibel zu kritisieren, sondern einen kritischen Blick darauf zu werfen, was wirklich da ist.

    Auch die "historisch-kritische" Methode ist in dem Sinn ja keine Kritik an der Bibel, sondern der Versuch, den biblischen Text besser zu verstehen.

  • Daniel J. Naumann
    Daniel J. Naumann Member Posts: 53 ✭✭

    Und was bleibt?

    Wir haben einen masoretischen hebräischen Text, vor mindestens 1000 Jahren als der beste präsentiert, zusammengestellt aus teilweise nicht mehr zugänglichen Quellen.

    Wir haben doppelt so alte hebräische Qumran-Texte, die sehr oft damit übereinstimmen.

    Wir haben einen griechischen Text aus der Zeit kurz vor Jesu, dessen hebräische Vorlagen wir nicht kennen, der aber immerhin oft mit dem masoretischen Text übereinstimmt.

    Ich meine, in  d i e s e m  Umfeld sollten wir nach dem besten Text suchen. Das ist, altsprachliche Kenntnisse vorausgesetzt (!), schon schwierig genug. Deutsche Übersetzungen sollen jeweils in ihrer Zeit dabei helfen, mehr nicht. Also lernen und lehren wir weiter fleißig Hebräisch und Griechisch, um so nah wie möglich (und trotzdem nie nah genug) an den Text und seine Zeit und das damals gesprochene und gehörte Wort Gottes heranzukommen!

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    und ich würde mal die These aufstellen, dass eine Predigt auf dieser Grundlage weitaus tiefer geht als die "normale" 3 Punkte Predigt Gott liebt dich, sei nett zu deinem Nachbarn und du kommst schon in den Himmel ;-)

  • delete12066188
    delete12066188 Member Posts: 3,378 ✭✭✭

    Kritik ist negativ besetzt deshalb mag ich das Wort Studium oder Forschung mehr. 

    Im übrigen würden die Kirchenväter antworten:" du musst nicht kritisch an den Bibeltext gehen sondern gläubig" ;-)

  • Christof Kälin
    Christof Kälin Member Posts: 98 ✭✭

    Das klassische Griechisch z.B. unterscheidet sich in den Wort-Nuancen durchaus vom hellenistischen Griechisch der Koine, in dem die biblischen Schriften verfasst sind.

    Das klassische Griechisch (Homer's Ilias usw.) ist ja einiges komplizierter und damit auch schwieriger/uneindeutiger zu übersetzen. Gerade deshalb dürfen wir Gott dafür danken, dass die NT-Manuskripte samt und sonders in Koiné geschrieben wurden, was damals wie das Englisch von heute war. Da gibt es weniger Unklarheiten beim Übersetzen und es ist einfacher zu lernen (naja, relativ).